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1910
Die Ereignisse des Jahres 1910 sollten den Verein in mehrfacher Hinsicht auf eine Belastungsprobe stellen. Im ersten Quartal wurden von dem Platz aus 43 Aufstiege unternommen. Der Fahrtbetrieb entwickelte sich über die Maße gut. Auf einer im Januar abgehaltenen Generalversammlung beschloss man die Anschaffung eines zweiten Ballons und setzte gleichzeitig die Fahrtbeiträge um 10 Mark herunter. Die Mitgliederzahl war zwischenzeitlich auf 250 angewachsen. Zukunftsweisend für den Ballonsport in Bitterfeld war die Nachricht, dass die Chemische Fabrik Griesheim Elektron einen Wasserstoffgasometer errichten würde. Am 4. April konnte die erste Probefahrt mit dem neu angeschafften und noch ungetauften Ballon (1200 m³) unternommen werden. Doch schon die zweite Probefahrt des Ballons am 16. April endete in einer Katastrophe. Der Ballon wurde bei Reichensachsen, Kreis Eschwege, von einem Blitz getroffen und stürzte ab. Die vier Insassen, der Ballonführer Karl Luft und die drei Auszubildenden Graupner, Hecker und Leuchsenring kamen ums Leben. Fassungslosigkeit herrschte vor. In mehreren Versammlungen wurde der Unfallhergang diskutiert. Per Abstimmung wurde beschlossen, die Hülle reparieren zu lassen. Am 14. Juni wurde der Ballon auf den Namen Delitzsch getauft. Die angesichts des vorausgegangenen Unglücks in einfachem Rahmen gehaltenen Feierlichkeiten fanden in der Delitzscher Gasanstalt statt.
Am 29. Juni des Jahres wurde der 3000 m³ fassende Gasometer am Ballonplatz eingeweiht.
Dann kam der große Tag des Vereins für Luftschifffahrt von Bitterfeld und Umgegend. 12.000 Besucher beobachteten am 25. September die erste Ballonwettfahrt, die in Bitterfeld ausgerichtet wurde und gleichzeitig auch die erste größere Wettfahrt in der Geschichte der deutschen Ballonfahrt, die mit Wasserstoffgas ausgetragen wurde.
Es starteten
Ballon | Führer | |
---|---|---|
Anhalt | Dr. Ewert | Magdeburg |
Harburg | Oberpostsekretär Th. Schubert | Berlin |
Delitzsch | Ingenieur F. Bauer | Delitzsch |
Magdeburg | Rechtsanwalt Löbell | Halberstadt |
Leipzig | Hofrat Prof. Pfaff | Leipzig |
Tschudi | E. Gutnmann | Berlin |
Clouth III | C.R. Mann | Crossen |
D.A.K. III | Oberl. d. Res. Ref. Forsbeck | Berlin |
D.A.K. II | Oberl. v. Quast | Berlin |
Bitterfeld | Graf zu Solms-Sonnenwalde | Rösa D |
Preisträger
Da die Ballone in unterschiedlichen Klassen starteten, wurden mehrere erste Preise vergeben:
In Klasse | IV | Leipzig | Führer Hofrat Prof. Paff | Leipzig |
III | Harburg | Oberpostsekretär Schubert | Berlin | |
III | Anhalt | Dr. Ewerth | Magdeburg | |
II | Bitterfeld | Graf zu Solms-Sonnenwalde |
Die weiteste Fahrt unternahm Graf Solms zu Sonnenwalde mit dem Ballon Bitterfeld, der in Weddewarden, Kreis Lehe, in der Nähe von Bremerhaven, landete.
Die Dauergäste aus Berlin, der Kaiserliche Aero-Club, veranstalteten in Bitterfeld in diesem Jahr eine Zielfahrt mit 7 Ballonen. Die L.F.G. errichtete 1910 eine weitere Ballonhalle. Sie hatte eine Grundfläche von 80 x 33 m und eine lichte Höhe von 25 m.
Aus dem November 1910 stammt die erste Meldung über eine Ortsgruppe Delitzsch des Vereins für Luftfahrt von Bitterfeld und Umgegend.
157 Fahrten mit insgesamt über 27.000 Kilometern wurden 1910 ausgeführt. Die längste Fahrt unternahm Karl Hackstetter mit zwei Mitfahrern im Ballon Bitterfeld am 25. Juni nach Dörbeck bei Elbing über 611 Kilometer.1)