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1995
Neuer Geschäftsführer
Mit Beginn des Jahres wird Günther Krause in das Amt des Geschäftsführers gewählt, das er bereits im Jahr zuvor stellvertretend ausübte. Die beiden herausragenden Ereignisse waren die vom Verein ausgetragenen Wettfahrten.
Wettfahrten
4. Richard-Schütze-Wettfahrt
Auf 21 Stunden begrenzte Weitfahrt Nachtstart in Bitterfeld am 29. April 1995 ab 20.00 UTC
Rang | Ballon | Pilot/Copilot | Landeort | F.-ZeitStd. | Entfernung km |
---|---|---|---|---|---|
1 | D-Columbus | Brachtendorf/Eimers | Auschwitz/Pl | 20:45 | 530 |
2 | D-OZAM | Kuinke/Apitzsch | Auschwitz/Pl | 20:50 | 523 |
3 | G-BIHT | Hams/Bosanquet(GB) | Piekary/Pl | 20:01 | 484 |
4 | D-OCFT | Najer/Stoll(CH) | Zwonowice/Pl | 20:48 | 462 |
5 | D-Rolinck | Derks/Nieland | Tychy/Pl | 21:30 | 450 |
6 | D-OUEE | Höhl/Braun | Streleszka/Pl | 19:02 | 446 |
7 | D-OMPB | Menger/Beermann | Cosel/Pl | 20:23 | 429 |
8 | D-Pirat | Schellhove/Gatz | Vciszkow/Pl | 20:58 | 428 |
9 | D-OBFA | Haßold/Meinecke | Mokra/Pl | 19:31 | 401 |
10 | D-OLPP | Dolpp/Stöhr | Wielkie Lati/Pl | 18:57 | 391 |
11 | D-OALF | Kröger/Missel | Nysa/Pl | 19:16 | 377 |
12 | D-Bitterfeld | Schmöhl/Göhrmann | Strelen/Pl | 14:13 | 332 |
13 | D-Alb | Euskirchen/Federl | Oythe/D | 14:17 | 298 |
14 | HB-BKU | Sutter/Sutter(CH) | Tomislaw/Pl | 11:01 | 219 |
15 | D-OSTZ | Munz/Geißelreither | Niesky/D | 10:43 | 169 |
16 | D-lbbenbühren | Gerding/Klein | Wildschütz/D | 09:15 | 44 |
Der Ballon D-Rolinck legte insgesamt 498 km zurück. Da die Wertungsperiode um 32 Minuten überschritten wurde, kamen 48 km zum Abzug.
Am letzten Aprilwochenende waren 16 Mannschaften aus Deutschland, der Schweiz und Großbritannien zur 4. Richard-Schütze-Wettfahrt angereist. Erstmals wurde die Wettfahrt als eine auf 21 Stunden begrenzte Weitfahrt mit Nachtstart ausgetragen. Eine Freigabe zur Einfahrt in den Luftraum Polens hatte der Verein zuvor erwirkt. Gegen 22.00 Uhr erfolgte der Start durch den Schirmherren, Bürgermeister Rauball.
Vorausgegangen war ein zügiges Aufrüsten der 16 Ballone ab 10.00 Uhr am Morgen. Die Wetterlage war für die Wettfahrtaufgabe optimal und ließ für die Teilnehmer je nach Wunsch und Können alle Fahrtrichtungen offen. Bis 1500 Meter Höhe wehte ein konstanter Ostwind, in größeren Höhen dagegen Südwest- bis Westwind. Die über tausend Zuschauer konnten an den blinkenden Nachtfahrbeleuchtungen gut erkennen, wie sich die Ballone nach dem Start in den tieferen Luftschichten zunächst nach Westen und dann wieder nach Osten bewegten.
Nach knapp 21 Stunden landeten die Sieger (Brachtendorf / Eimers mit D-Columbus) und die Zweitplatzierten (Kuinke / Apitzsch) nach einer zurückgelegten Fahrtstrecke von ca. 530 km in der Nähe von Krakow in Polen. Der Ballon des BiVfL (Schmöhl / Göhrmann) landete nach über 14 Stunden unter Ausgabe seiner letzten Ballastreserven in der Nähe von Wroclaw (Breslau). Interessanterweise beendete der Ballon D-lbbenbühren nach 9 Stunden und einer zurückgelegten Strecke von über 200 km in dem 44 km entfernten Wildschütz bei Eilenburg seine Fahrt. Als einzige hatte die Besatzung des D-Alb die Reise in den unteren Luftschichten nach Westen unternommen. Nach 14 Stunden landete der Ballon in dem 300 km entfernten Oythe bei Bremen. Die Siegerehrung fand am 14. Oktober, im Rahmen des Linde-Cups statt.
Linde-Cup
Als ein Zeichen zur dauerhaften Zusammenarbeit mit dem Unternehmen Linde – Technische Gase wurde als Herbstwettfahrt des Vereins der Linde-Cup ins Leben gerufen. Am 14. Oktober, dem Tag der Wettfahrt, wurden mit Vertretern von Linde eine Reihe weitreichender und für den Verein essentieller Vereinbarungen geschlossen: Inbetriebnahme eines 25 bar Wasserstoffanschlusses mit Druckmindererstation für den Startplatz Bitterfeld, Sponsoring eines neuen Gasballons für den Verein und Übernahme der Hauptsponsorschaft für die 1996 geplante Gasballonweltmeisterschaft in Bitterfeld.
Wasserstoff aus Leuna
Erstmals nach über 90 Jahren bezogen nun die Bitterfelder Ballonfahrer ihren Wasserstoff nicht mehr von der ortsansässigen Chlor-Alkali-Elektrolyse sondern über eine Pipeline aus dem 60 km entfernten Leuna, wo Linde eine Dampfreforming Anlage zur Wasserstofferzeugung aus Erdgas in Betrieb genommen hatte.
Aktivitäten
Linde-Cup
Der erste Linde-Cup, zu dem 8 Mannschaften angereist waren, wurde als Fuchsjagd ausgetragen. Der 600 cbm fassende Fuchs D-OBBW (Parachuteballon) startete um 7.50 Uhr bei bestem Wetter. Sieger der Wettfahrt wurde Volker Kuinke mit D-OZAM nach etwa 7-stündiger Fahrt und einer Landung in der Nähe von Burg. Es gelang ihm eine Ablage von nur 290 Metern zum Fuchsballon zu erzielen.
Deutsche Meisterschaft
Nach einer erfolgreichen Qualifikation im Deutschen Dezentralen Leistungswettbewerb durch Dr. Göhrmann, nahm der BiVfL 1995 erstmals auch an einer Deutschen Meisterschaft teil. Obwohl ein vorderer Rang bei der 9. Deutschen Gasballon Meisterschaft (14. – 19. Juni in Burgkirchen) für das Bitterfelder Team (Göhrmann / Schmöhl) schon aufgrund der geringen Erfahrung und des schweren Ballonmaterials nicht zu erwarten war, wurde jedoch im 2. Wertungslauf, in einer 10stündigen Fahrt, mit 314 Kilometern zum Landeort Deutsch Haslau an der Österreich-ungarischen Grenze, eine beachtliche Leistungsfahrt erbracht.
9. Teuto-Wettfahrt
Im August gewann Klaus Schmöhl die 9. Teuto-Wettfahrt ab Ibbenbühren. In der kombinierten Ziel-Weit-Fahrt landete die Bitterfelder Mannschaft (Schmöhl, Göhrmann, Hoppe) in der Nähe von Amsterdam. 1995 wurden insgesamt 22 Fahrten mit dem D-Bitterfeld unternommen.
Erstes Tracking über Satellit
Bemerkenswert sind zwei Fahrten, die am 29. und 30. Dezember zu Forschungszwecken für die Technische Universität Berlin durchgeführt wurden. Es erfolgten Systemtests, wobei die während der Fahrt per Satellitennavigation ermittelten Fahrtkoordinaten direkt über den Forschungssatelliten TUBSAT 1 nach Berlin übertragen wurden. Die Ergebnisse der ersten Versuche waren zufriedenstellend.
Weltmeisterschaft
Der Deutsche Freiballon Sportverband (DFSV) erhielt auf der Tagung der Internationalen Ballonkommission (CIA) in Paris, im März 1995, den Zuschlag der FAI (Fédération de Aeronautique Internationale, Weltdachverband der Luftsportler) zur Ausrichtung der 9. Gasballon Weltmeisterschaften in Bitterfeld. Dem voraus ging eine Bewerbung des Bitterfelder Vereins für Luftfahrt mit der Präsentationsbroschüre Ballonstadt Bitterfeld. Zum dritten Mal wurde damit nach 1976 und 1988 die Gasballon Weltmeisterschaft an Deutschland vergeben. Unmittelbar nach Bekanntgabe der Entscheidung begann für den BiVfL eine Zeit umfangreicher und aufwendiger Vorbereitungen. Die gesamte Verantwortung für das technische Gelingen lastete nunmehr allein auf den Schultern des Vereins.
Für eine entsprechende Vorbereitung des Startplatzes mussten ebenso Sponsoren gefunden werden, wie für den Aufbau der notwendigen technischen Ausrüstungen, Platzbeleuchtung, Lautsprecheranlage, Einzäunungen u. v. a. m. Finanzielle Hilfe erhielt der Verein neben dem Hauptsponsor Linde, von der Kreissparkasse Bitterfeld, der Stadt Bitterfeld, der Lotto Gesellschaft des Landes Sachsen-Anhalt und von vielen ortsansässigen Firmen, die ihre unentgeltliche Unterstützung zusagten. Die Hauptarbeiten zur Verbesserung des Startplatzangesichtes wurden jedoch in über eintausend Arbeitsstunden von den Vereinsmitgliedern selbst geleistet. Hilfe bekam der Verein hier durch den Einsatz von ABM Kräften.
Vereinsgebäude
In einer spektakulären Aktion wurden aus dem Tagebau Goitzsche drei zum Abriss freigegebene Transformatorenhallen demontiert und in über 20 Schwerlasttransporten auf den Ballonplatz umgesetzt. Den Wiederaufbau mit schwerer Krantechnik übernahm der BiVfL selbst. Viele Arbeitsstunden waren erforderlich bis daraus zwei Gerätehangars und ein Vereinshaus entstanden. Durch Geländeverkauf der Bitterfelder Vermögensverwaltung an Gewerbebetriebe blieb dem BiVfL nur noch eine Fläche von 1,1 ha als Startplatzgelände übrig, wobei die ursprüngliche Stadionstruktur nicht mehr zu erkennen war. Auch im Umfeld war das Gelände eine einzige große Baustelle, und es bedurfte schon einer großen Zuversicht, in nur einem Jahr daraus einen vorzeigbaren Ballonplatz zu schaffen.1)